WILPF Schweiz
                              Women's International League for Peace and Freedom

Aufruf zum Handeln: Nie wieder Krieg!

Nicht jetzt und auch nicht in Zukunft!

Wir, die Menschen, die Aktivist*nnen, diejenigen, die sich kümmern, haben nicht länger Zeit, darauf zu warten, dass die Mächtigen zur Vernunft kommen. Wir alle müssen jetzt handeln, mit äusserster Dringlichkeit, um unseren Planeten und uns selbst vor der Zerstörung zu schützen, die durch die Hände einer korrupten, privilegierten, militarisierten Machtelite über uns gebracht wird, die von der Vernichtung aller lebenden Dinge auf diesem Planeten profitiert. 

WILPF – Internationales Sekretariat, Genf 14. Februar 2022

Der Weltfrieden ist bedroht. Das ist er schon seit langem. Aber die jüngsten Entwicklungen, die in der Krise um die Ukraine gipfelten, haben zu einer rapiden Verschlechterung unserer menschlichen Sicherheit geführt, die an die Situation von 1914 erinnert. Die Stationierung und Verlegung von Truppen, nicht nur entlang der ukrainischen Grenze, sondern rund um den Globus, der derzeitige Streit zwischen Russland und der NATO, die Stellvertreterkriege, die Besetzungen und Aggressionen, der Aufstieg faschistischer Regierungen, der Rückschlag gegen die Menschenrechte und insbesondere die Rechte der Frauen*, der Wettlauf um die wirtschaftliche Vorherrschaft sowie die wirtschaftliche Gewalt, die uns durch die Sparpolitik und die Ausbeutung unseres Lebens, unserer Arbeitskraft und unserer planetarischen Ressourcen widerfährt - all das hat den globalen Frieden in Mitleidenschaft gezogen, und wir haben einen Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gibt.

Mit jedem Konflikt hat sich die Situation verschlimmert. Anstelle einer visionären politischen Führung haben uns die herrschenden Eliten an den Rand eines totalen Krieges gebracht. Schon wieder!

Das sollte uns nicht wirklich überraschen, denn Gewalt, Krieg und Zerstörung sind für die Machteliten legitime Mittel zum Zweck. Die neo-kapitalistische politische Ökonomie, gestützt durch eine patriarchale, militarisierte und rassistische Weltordnung, ist der Ort, an dem sie am besten gedeihen. 

Die Eliten produzieren Konflikte wie am Fliessband. Ihre politischen Botschaften und ihre "Diplomatie" klingen eher nach überdrehter Werbung für einen weiteren Krieg als nach irgendetwas anderem. Sie rasseln mit den Waffen, lassen ihre Muskeln spielen und stacheln sich gegenseitig zu immer mehr Gewalt an - und reissen uns alle in einen endlosen Kreislauf von Zerstörung, Tod und Verzweiflung. 

Anstatt Lehren aus unserer nicht allzu fernen Vergangenheit zu ziehen, fühlt sich diese privilegierte Gruppe weisser Männer nicht nur berechtigt, die Fehler der Geschichte zu wiederholen, sondern sie auch noch zu verschärfen. Unsere Geschichte ist übersät mit ihren Kriegsspielen und Intrigen. Alles, was zählt, sind die Interessen und Bedürfnisse der herrschenden Machteliten. 

Die so genannte demokratische Führung hat uns im Stich gelassen. Das Gleiche gilt für die länderübergreifenden Organisationen wie die Vereinten Nationen, denen wir gemeinsam die Aufgabe übertragen haben, den Weltfrieden zu schaffen und zu sichern. Ihr Versagen, in unserem Namen zu handeln, hat den Planeten an seinen gefährlichsten Punkt gebracht.

Der Raum, in dem wir uns einen nachhaltigen, gerechten und feministischen Frieden vorstellen und aufbauen können, scheint mit jeder Stunde, die vergeht, zu schwinden. Mit den heutigen Militärtechnologien, Waffen und Atomwaffenarsenalen gibt es nur wenig Hoffnung, wenn nicht alle, die von Krieg und Gewalt betroffen sind, gemeinsam aufstehen und mit vereinter Stimme Krieg und Militarismus als Lösung für alles anprangern.

Liebe Feminist*innen, Friedensaktivist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen, Land- und Wasserschützer*innen, Anti-Atomkraft-Aktivistinnen, diejenigen, die sich für die Entmilitarisierung einsetzen - alle, die verstehen, dass Frieden unsere einzige Wahl ist - die rote Linie ist überschritten, und wir alle müssen uns um eine gemeinsame Botschaft scharen.

Keine Kriege mehr! Nicht jetzt und nie wieder!

Es ist an der Zeit, der Tatsache ins Auge zu sehen, dass wir uns nicht mehr den Luxus leisten können, jedes einzelne Problem oder jeden einzelnen Konflikt separat zu behandeln, als ob es sich nicht um Teile desselben Puzzles handeln würde. Wenn wir zulassen, dass der Militarismus triumphiert, wird er zur Auslöschung allen Lebens führen.

Jetzt ist der entscheidende Moment zum Handeln gekommen. Und wenn wir nicht einen Weg finden, unsere verschiedenen Kämpfe zu einer kohärenten Stimme zu vereinen, werden wir bald gar keine Stimme mehr haben. Wir können uns nicht länger den Luxus leisten, tatenlos zuzusehen und auf die Reaktionen derer zu warten, die sich an Macht und Gier verloren haben. Wir müssen jetzt handeln. Und wir müssen dies in Solidarität mit all jenen tun, deren Leben unmittelbar bedroht ist. In der Ukraine und anderswo. 

Wir alle können sehen, dass etwas furchtbar falsch läuft. Und die Menschen, die in Gebieten leben, die an vorderster Front von dieser zerstörerischen Politik betroffen sind, sehen es nicht nur, sondern spüren es auch am eigenen Leib. Man sagt uns, dass der Krieg in der Ukraine unvermeidlich ist. Dass die Invasion in Afghanistan und die Machtübernahme durch die Taliban notwendig waren. Dass der arabische Frühling keine andere Richtung hatte als Kriege im grossen Stil. Man sagt uns, dass jedes Mal, wenn der Krieg dem Frieden vorgezogen wurde, dies ein unvermeidlicher Weg war - die einzige Wahl, die wir anscheinend jemals hatten, war die, wie "viel" und welche "Art" von Gewalt angewendet werden würde.

Wir haben es nicht geschafft, dieser Verschleierungstaktik kollektiv zu widerstehen. Es ist an der Zeit, dass wir der Tatsache ins Auge sehen, dass die Strategien, die wir als Aktivist*innen angewandt haben, nicht effektiv genug waren und allzu oft in die schmutzigen Spiele der Eliten hineingezogen wurden, die diesen Planeten letztlich in seine Zerstörung geführt haben. Wir waren zu ruhig, zu gespalten. Zu unpolitisch.

Aber was gewesen ist, muss nicht immer sein.

Das Vernünftigste, was in diesem Moment zu tun ist, ist auch das Subversivste für die Machthaber. Wir müssen damit beginnen, Brücken über die künstlichen Gräben zu schlagen, die sie zwischen unseren verschiedenen Anliegen errichtet haben. Es geht darum, unsere individuellen Stimmen in eine kollektive, klare, laute und entschlossene Stimme zu kanalisieren, die ein Ende des Wahnsinns, ein Ende der Kriegsrhetorik und der Militarisierung fordert.

Die Lösung liegt nicht in noch mehr militarisierter Sicherheit und neoliberaler Friedenskonsolidierung, sondern darin, einen neuen Weg für menschliche Sicherheit zu finden, der auf ökologischer Nachhaltigkeit, Solidarität, Kooperation, Gewaltlosigkeit und einer umverteilenden feministischen politischen Ökonomie basiert, die sich auf Gleichheit, soziale Gerechtigkeit, Wachstumsrückgang (Degrowth) und ökologische Nachhaltigkeit konzentriert. 

Dies ist ein Aufruf an uns alle, Wege zu finden, um zusammenzukommen.

Lasst uns in unseren Gemeinschaften, über Grenzen hinweg, in kleinen und grossen Gruppen, in den sozialen Medien und auf allen anderen verfügbaren Plattformen zusammenkommen, um eine neue Vision des globalen Friedens zu schaffen, die auf den sich überschneidenden Erfahrungen der Menschen und den Bedürfnissen des gesamten Planeten beruht. 

Lasst uns Mechanismen für echte internationale Solidarität schaffen.

Lasst uns unsere verschiedenen fortschrittlichen Bewegungen miteinander verbinden - die feministischen, die ökologischen, die Anti-Austeritäts-, die antimilitaristischen, die antirassistischen und die antikapitalistischen Kampagnen zu einer neuen Vision dessen, was Frieden ist - auf lokaler, regionaler und globaler Ebene - zusammenführen.

Lasst uns die Menschenrechte wieder einfordern. 

Nutzen wir die Aktivitäten, die wir in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten geplant haben, um unsere Botschaft immer wieder zu bekräftigen. Lasst uns kleine und große Aktionen planen. Rufen wir zu einem weltweiten Marsch für den Frieden auf, nutzen wir jede Gelegenheit, um eine einfache, aber entscheidende Botschaft zu senden: Keine Kriege mehr. Nicht in unserem Namen. 

Fordern wir den UN-Generalsekretär und den Sicherheitsrat auf, entweder das zu tun, wozu sie ein Mandat erhalten haben, oder uns, den Aktivist*innen und Organisatoren, den Aufbau einer neuen globalen Friedensinfrastruktur zu überlassen.

Verlangen wir von den Regierungen in unseren Ländern, dass sie die militarisierten Handlungsweisen anprangern, sonst riskieren sie, ihre Machtpositionen zu verlieren. Tun wir dies um all derer willen, die unmittelbar von militärischer Gewalt und Zerstörung bedroht sind, aber auch um unseren Planeten und um uns alle zu schützen.

 

Übersetzung: WILPF Schweiz, Horensteinstrasse 31, 8046 Zürich, info@wilpfschweiz.ch, www.wilpfschweiz.ch, H. Nyberg

 


 


 

For English please refer to: www.wilpf.org or use the contact form

 


 

Wer mit sich selbst in Frieden lebt, kommt nicht in Versuchung, anderen den Krieg zu erklären.
Ernst Ferstl, Österreichischer Schriftsteller und Lehrer

Solange noch ein Mensch auf der Erde verhungert, ist jede Waffe eine Gotteslästerung.
Heinrich Böll

 


 

Aufruf zum Handeln: Nie wieder Krieg! Nicht jetzt und auch nicht in Zukunft!

[PDF]

Stellungnahme des Schweizerischen Friedensrates zur Haltung des Bundesrates in der Ukraine-Krise
[PDF]

 


 

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