WILPF Schweiz
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Stellungnahme des Schweizerischen Friedensrates zur Haltung des Bundesrates in der Ukraine-Krise

Gegenüber der kriegerischen Aggression Russlands gegen die Ukraine darf es keine Neutralität geben!


Mit der Anerkennung von Luhansk und Donezk als unabhängige Republiken und der Entsendung von Panzern und Militär in diese Gebiete – und wie er am 22. Februar an einer Medienkonferenz deutlich machte, ist eine Erweiterung in andere Gebiete vorgesehen – lässt Russland eine unselige Tradition aus der Sowjetzeit wiederaufleben. Es sei hier nur an die Niederschlagung der Volksaufstände in der DDR (1953), Ungarn (1956), und der Tschechoslowakei (1968) erinnert; eine Aufzählung aller militärischen Interventionen würde den Rahmen dieser Stellungnahme sprengen.

Mit seinem Vorgehen hat Präsident Putin deutlich gemacht, dass er keinen Wert auf Menschenrechte und Frieden legt. Er hat auch keine Hemmungen, Teile der ukrainischen Bevölkerung nach Russland verschleppen zu lassen und in Geiselhaft zu nehmen – eine Praxis, die er aus Stalins Zeiten übernommen hat. Und zeigt sich nun nicht ebenfalls, dass das Verbot der Menschenrechtsorganisation «Memorial» auch der Kriegsvorbereitung diente, um eine bedeutende kritische Stimme im eigenen Land mundtot zu machen?

Skrupellos setzt Präsident Putin darauf, dass die Atomwaffen sein Land militärisch unangreifbar machen. Und dank dem Vetorecht im UNO-Sicherheitsrat kann er auch verhindern, dass die UNO die ihr von der Charta übertragene Aufgabe der Kriegsverhinderung wahrnehmen kann.

Mit dem kriegerischen Angriff auf die Ukraine verleiht Präsident Putin der NATO eine nachträgliche Legitimation für deren Osterweiterung, haben sich diese Staaten doch aus Befürchtung vor einer militärischen Intervention unter den «Schutzschirm» des westlichen Militärbündnisses begeben. Und wohl zu Recht überlegen sich Schweden und Finnland, wie sie sich gegen eine russische Invasion schützen können.

Für den Schweizerischen Friedensrat heisst das vor allem, dass die Kandidatur für die Mitgliedschaft der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat an Bedeutung gewinnt. Damit könnte sie zwar nicht den russischen Militärüberfall auf einen souveränen Staat verhindern, aber diesen mit grösserem Gewicht im Auftrag der Weltgemeinschaft in derem höchsten Gremium verurteilen und sich so sichtbar für Frieden, Rechtsstaat und Demokratie einsetzen.

Vor allem aber darf sich die Schweiz – im Gegensatz zum Vorgehen bei der militärischen Eroberung der Krim durch Russland – diesmal nicht opportunistisch darauf beschränken, lediglich zu verhindern, dass Sanktionen der EU nicht über die Schweiz umgangen werden können. Diesmal muss sie unmittelbar nach dem Erlass weiterer Sanktionen, diese in ihrer Gesamtheit (also auch die früher erlassenen) mittragen. Nur so kann die Schweiz zeigen, dass sie als verantwortungsvolles Mitglied der Völkergemeinschaft handelt und sich aktiv für Frieden, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und die Umsetzung der Menschenrechte einsetzt.

Und gerade jetzt kann der Bundesrat ein Zeichen setzen, dass Atomwaffen kein legitimes Mittel der Kriegführung sind, sondern generell geächtet werden sollten, indem er nun endlich den Auftrag der Eidgenössischen Räte umsetzt, dem Atomwaffenverbotsvertrag (TPNW) beizutreten.

Zürich, 22. Februar 2022

Für Rückfragen: Peter Weishaupt, Geschäftsleiter SFR
SCHWEIZERISCHER FRIEDENSRAT
Gartenhofstr. 7, 8004 Zürich
044 242 93 21, info@friedensrat.ch

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